Wie hilft die Naturheilkunde?

Bei leichten und mittelschweren Formen der Angststörung oder Depression können Naturheilverfahren hilfreich sein. Und auch bei schweren Verläufen können sie eine positive Ergänzung zu der schulmedizinischen Behandlung sein. Da die Entstehung von Depressionen und Angststörungen viele Gründe hat, kann die Naturheilkunde viele der unterschiedlichen Ebenen ansprechen. Wenn wir davon ausgehen, dass Körper und Seele untrennbar sind, liegt es nahe, dass gesunde Ernährung, Bewegung oder auch Berührung (Massagen) sowie alle stressreduzierenden Übungen einen positiven Einfluss auf Körper und Seele gleichermaßen haben.

 

Professor Dr. Andreas Michalsen, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin und Professor für Klinische Naturheilkunde an der Charité Berlin, schlägt in seinem Buch "Heilen mit der Kraft der Natur" (Insel Verlag Berlin, 5. Auflage 2017, S. 267 ff) folgende Behandlungen vor:

  • Bewegung und körperliche Aktivität
    (siehe Bewegung)
  • Naturerleben, "Waldbaden" und Gartenarbeit:
    Jede Form der Bewegung scheint noch besser antidepressiv zu wirken, wenn sie in der Natur ausgeführt wird.
  • Yoga:
    Die meisten Studien bestätigen eine ausgeprägt stimmungshebende Wirkung. Auch bei Depressionen finden wir einen klaren therapeutischen Effekt. Wichtig ist eine Yoga-Technik zu finden, die einem gefällt und nicht überfordert. 
  • Licht- und Sonnentherapie:
    Die Weiß-Lichttherapie ist besonders bei saisonalen Depressionen sehr wirksam, also bei depressiven Störungen, die in den dunklen Wintermonaten gehäuft auftreten. Es gibt dazu spezielle Lampen, die in einem Abstand von 30 bis 50 Zentimeter 10.000 Lux Leuchtstärke erreichen, so dass man nicht direkt ins Licht blicken muss, sondern während des Lichtbads essen, telefonieren oder frühstücken kann. Empfohlen werden 30 Minuten täglich, mit einem Spektrum, dass dem Sonnenlicht ähnelt. Die Wirkung ist am besten, wenn die Behandlung morgens zwischen halb acht und halb neun erfolgt. Sie setzt nach etwa einer Woche ein. Wer von seiner Anfälligkeit zur Winterdepression weiß, sollte am besten schon im Oktober damit anfangen...
  • Kneipp-Therapie:
    Die vielfältigen Wasseranwendungen regen das vegetative Nervensystem an und fördern so den Antrieb und die Stimmung. Wechselgüsse, Wickel und Vollbäder können mit beruhigenden (Lavendel, Melisse) oder anregenden (Rosmarin, Ingwer) Pflanzenextrakten kombiniert werden.
  • Wärmetherapie und Hyperthermie:
    Eine einzige systemische Übererwärmung mit einem Hypertherie-Gerät verbessert für etwa zwei Wochen die Stimmung. Wer keine Möglichkeit dazu hat, sollte regelmäßig in die Sauna gehen. (Auch Kälte hat einen ähnlichen Effekt. Hierzu gibt es zwar keine befriedigenden wissenschaftlichen Daten, aber die Erfahrung der Rheumazentren mit Kältekammern weist auf eine antidepressive Wirkung hin).
  • Heilpflanzen:
    Johanniskraut ist wirksam bei leichten bis mittelschweren Depressionen. Dabei ist auf seine Wechselwirkung mit anderen Medikamenten zu achten - ... Übrigens ist bei leichten Depressionen auch die Aromatherapie hilfreich - als Essenz für die Duftlampe oder als Badeextrakt eigenen sich Lavendel (beruhigend, angstlösend), Rosmarin (aktivierend) sowie Safran. 
  • Meditation und Achtsamkeitstraining:
    Sehr oft sind leichtere Depressionen, ein Burn-out oder andere Erschöpfungssyndrome die Folge von lang anhaltendem Stress. Ein Achtsamkeitstraining oder auch Mantra-Meditationen können hier helfen, Kräfte wieder aufzubauen und anders mit dem Lebensstress umzugehen. 
  • Massage:
    Bei Depressionen und Angstsyndrom zeigen verschiedene Massagetechniken gute symptomatische Wirkungen. Insbesondere wirken die Bindegewebsmassage, die aus der anthoposophischen Medizin stammende rhythmische Massage und die ayurvedischen Massagen. Vermutlich ist die Wirkung auch der Berührung geschuldet, die in vielerlei Hinsicht heilsam ist...
  • Heilfasten und Ernährung:
    Eine Fastenkur kann einen erstaunlichen Effekt bei leichten Depressionen haben. Bei schweren Depressionen sollte man jedoch zurückhaltend damit sein und nur in Ausnahmefällen und in einer darin erfahrenen Klinik fasten. Aktuell wird die Ernährungstherapie von der Psychiatrie als möglicher wichtiger Therapieansatz entdeckt: Schon länger zeigen Studien, dass eine ungesunde Ernährung mit viel tierischem Fett, Zucker und wenig Obst und Gemüse mit mehr Depressionen einhergeht. Inzwischen hat sich auch gezeigt, dass die Umstellung auf eine pflanzenbasierte und vollwertige Ernährung tatsächlich relativ zügig zu Stimmungsverbesserungen und weniger depressiven Stimmungen führt. Noch sind nicht alle Details geklärt, aber beispielsweise scheinen das Lycopin (ein sekundärer Pflanzenstoff) in Tomaten, grünes Blattgemüse und Hülsenfrüchte sowie Linsen und Bohnen maßgeblich daran beteiligt zu sein. Einige Lebensmittel wie Kakao, Bananen, Cashews und Datteln stellen Substanzen zur Verfügung, aus der das Glückshormon Serotonin entsteht. Der Verzicht auf Fleisch, Eier und Fisch reduziert die Arachidonsäure, die zu mehr depressiver Stimmung führt. Leichte Entzündungsimpulse übersetzt das Gehirn nicht in Schmerz, sondern mit Depression. 
    Wer nicht Vegetarier oder Veganer werden will, sollte sich einer mediterranen Ernährung zuwenden, die einen hohen Anteil an Gemüse, Obst und gesunden Fetten hat. Omega-3-Fettsäuren haben antidepressive Effekte - Leinöl, Leinsamen, Rapsöl, Soja und Walnüsse. Übrigens zeigen Studien, dass Süßstoff mit mehr Depressivität verbunden ist. Versuchen Sie also bitte nicht, Ihren Zuckerkonsum durch den Wechsel auf zum Beispiel Dät-Cola zu reduzieren. 

 

Und auch die Akupunktur kann gegen Angststörungen helfen.