Medikamentöse Therapie

Der Einsatz von Psychopharmaka bei der Behandlung von Angststörungen ist - auch unter Therapeuten und Ärzten - ein sehr kontrovers diskutiertes Thema. 

 

Natürlich ist das beste Medikament das, welches erst gar nicht genommen werden muss. Viele Patienten, die unter einer Angststörung oder einer leichten oder mittleren Depression leiden, benötigen keine Medikamente und erhalten beispielsweise durch eine Psychotherapie ausreichend Hilfe.

 

Aus meiner eigenen Krankengeschichte weiß ich aber auch, dass in schweren Fällen der generalisierten Angststörung (oder der Depression), einhergehend mit heftigen Panikattacken oder auch somatoformen Störungen, eine medikamentöse Behandlung eine große, auf einen begrenzten Zeitraum angelegte Unterstützung für den Betroffenen sein kann. Heilen kann das Medikament die Angststörung nicht! Aber es kann helfen, die vielleicht überbordende Angst auszuhalten und die Kraft für eine Psychotherapie aufzubringen und anstehende Veränderungen Schritt für Schritt in Angriff zu nehmen.

 

Bei der Behandlung von Angststörungen werden meist Antidepressiva eingesetzt, die auch angstlösend wirken. Sie müssen regelmäßig eingenommen werden. Bei Depressionen können Antidepressiva unumgänglich - und auch lebenserhaltend - sein.

In schlimmen Fällen von Panikattacken können Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) verordnet werden, die bei Bedarf eingenommen werden. Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Benzodiazepine wirken zwar sehr zuverlässig, können abhängig machen. Und sie "vernebeln" auch das Gefühlserleben. 

 

Wenn Medikamente also nötig sein sollten, ist eine ausführliche Aufklärung durch einen erfahrenen Arzt oder eine erfahrene Ärztin ganz wichtig. Untersuchungen zeigen, dass bei zwei Drittel der Patienten Antidepressiva wirken. Bei jedem Zweiten, der auf die Behandlung anspricht, führen sie jedoch nur zu einer teilweisen Verbesserung. Besprecht also alle Bedenken - auch in Bezug auf die Nebenwirkungen und späteren Nebenwirkungen während des Absetzens - mit eurem Behandler. Nutzen und Risiken sollen in Ruhe gegeneinander abgewogen werden. Nur so kann er oder sie auf euch eingehen und nur so könnt ihr für euch eine passende Entscheidung treffen. 

 

Vielleicht hilft folgenden Faustregel:

  • Eine medikamentöse Therapie gehört in erfahrene Hände:
    Psychopharmaka nicht einfach mal so vom Hausarzt sondern von einem Facharzt, dem Psychiater, verordnen lassen.
  • Eine medikamentöse Therapie ist nur in Verbindung mit einer Psychotherapie sinnvoll. 
    Medikamente sind niemals die alleinige Lösung, nur eine Hilfestellung, um über einen schweren Zeitraum hinwegzukommen. Die Medikamente bekämpfen lediglich die Symptome, nicht die Ursache. 
  • Niemals die Medikamente auf eigene Faust absetzen. 

  

Hier einige Wirkstoffe kurz vorgestellt:

 

Antidepressiva

Moderne Antidepressiva, wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) sowie trizyklische Antidepressiva sind die meist verordneten Stoffgruppen und kommen bei der Langzeitbehandlung von Angststörungen zum Einsatz. Ihre Wirkung tritt meist erst nach zwei bis drei Wochen ein. Sie machen nicht abhängig. Dennoch gewöhnt sich der Körper an sie. 

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich während meiner Recherche zu diesem Text gelesen habe, dass es bei der wissenschaftlichen Überprüfung der Wirksamkeit von Antidepressiva auch Ergebnisse zu geben scheint, die zeigen, dass ihre Wirksamkeit auf dem Placeboeffekt beruhen kann. Mittel, wie die tetrazyklischen Antidepressiva stehen in der Kritik, die Suizidrate zu Beginn der Therapie vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu erhöhen. Bei schweren Depressionen sind Antidepressiva aber sicher immer noch ein Segen und können sogar Leben retten. Ihr merkt: Es ist ein sehr komplexes Thema, das auf jeden Fall in die Hände einer erfahrenen Behandlerin oder eines erfahrenen Behandlers gehört!

 

Benzodiazepine 

Benzodiazepine gehören zu den Beruhigungsmitteln. Sie können abhängig machen. Und das ist auch der große Nachteil. Sollte ihre Einnahme wirklich nötig sein, muss diese genau ärztlich kontrolliert werden. Eine Langzeittherapie ist nicht sinnvoll. Das Absetzen des Medikaments muss sehr langsam und vorsichtig erfolgen. Am erfolgreichsten werden Benzodiazepine bei Panikstörungen als eine Art Notfallmedikament eingesetzt. Ich selber habe damit positive Erfahrungen gemacht, ohne abhängig zu werden. Allerdings habe ich auch jede Einnahme genau protokolliert und mit meinem Arzt besprochen. Ich habe mir also selber eine strenge Kontrolle auferlegt. 

 

Neuroleptika

Niederpotente Neuroleptika werden häufig als Alternative zu Benzodiazepinen genutzt, weil sie im Gegensatz zu den Benzodiazepinen nicht abhängig machen. 

 

Beta-Rezeptorenblocker

sind Medikamente, die eigentlich bei Herzerkrankungen eingesetzt werden. Bei der Behandlung von Angststörungen werden sie gegeben, um die körperlichen Symptome von Angstanfällen (Zittern, Herzklopfen) zu kontrollieren. Allerdings werden die Präparate dieser Gruppe zunehmend weniger verordnet, da die Ergebnisse selten überzeugen. 

  

 

Informationen, wann eine mögliche zusätzliche medikamentöse Therapie angezeigt sein könnte und welche Wirkstoffe verwendet werden, könnt ihr auch auf der Seite der Angstambulanz der Charité finden. 

 

  

pflanzliche Medikamente

Auch die Pflanzenheilkunde hat Wirkstoffe zu bieten, die bei Angststörungen helfen können, das angespannte Nervenkostüm zu beruhigen. Baldrian, Hopfen und Lavendel sind bewährte Mittel. Johanniskraut wirkt stimmungsaufhellend und hilft bei leichten Depressionen. Die Wirkung von Heilpflanzen tritt allerdings erst nach einer längeren kontinuierlichen Einnahme ein. 

 

Auch pflanzliche Mittel sind nur eine unterstützende Maßnahme. Auch sie lindern nur die Symptome und bekämpfen nicht die Ursache! Eine Selbstmedikation ist zwar fast unbegrenzt möglich, aber nicht sinnvoll. Ihr solltet einen Arzt aufsuchen, wenn sich Symptome nach einer gewissen Zeit nicht bessern. Schließlich können sich auch ernste körperliche Erkrankungen hinter den Symptomen einer Angststörung verbergen.